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Familie Krüger
 
 
Foto: Ankunft in der Freiheit: 07.02.1981, 8 Jahre "Wartezeit"
 
Vorspann:
 
Die Magdeburger Familie Krüger kämpfte acht Jahre, ehe sie von den DDR-Behörden die Genehmigung zur "ständigen Ausreise aus der DDR" erhielt und endlich aus der Staatsbürgerschaft der DDR im Januar 1981 entlassen wurde.
Manche bezeichnen heute diese ersehnte und hart umkämpfte gebührenpflichtige Urkunde als die
"höchste Auszeichnung der DDR"...
In ihrem Buch "Ausreiseantrag - Sie nannten mich Nervensäge" schildert Frau Waltraud Krüger eindringlich, wahrhaftig und spannend ihre Lebensgeschichte und die unglaublichen Schikanen, Qualen, Demütigungen, Zersetzungen und Repressionen, denen Familie Krüger in jenen acht Jahren ausgesetzt war. Außerdem wird von dieser Zeitzeugin der Alltag in der DDR dokumentiert - genau und korrekt, ohne Schönfärberei oder unsinnige "Ostalgie".
Das Buch behandelt die unmenschlichen Haftbedingungen, die Einweisung und Behandlung in der Psychiatrie, die ständigen Verhöre, die Schuld der Täterschaften und Mitläufer...
Das Buch ist leider vergriffen. Eine Neuauflage dieses brisanten Werkes ist zwar geplant, aber leider hat sich bisher noch kein neuer Verlag finden lassen...  Warum wohl...? Somit ist dieses wertvolle Dokument bedauerlicherweise nur noch antiquarisch erhältlich.
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Zu ihrer Lebensgeschichte schreibt Waltraud Krüger:
 
Meine frühesten Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend, die ich in Heimen verbringen musste, habe ich in meinem o.g. Buch beschrieben. Auch die Namen der Heime und "Erzieher" und wie es mir dort erging, habe ich benannt. Ich war angeblich eine Waise...
Erst als Jugendliche erfuhr ich auf mein energisches Betreiben hin - eine Heimleiterin sagte mir zufällig: "Deine Mutter ist nicht tot" - dass meine Mutter im berühmt-berüchtigten Frauengefängnis Burg Hoheneck / Stollberg inhaftiert sei - als Mörderin verurteilt.
Unermüdlich setzte ich als junges Mädchen alle Hebel in Bewegung, um meine Mutter freizubekommen. Es gelang; sie wurde begnadigt und aus der Haft entlassen. Wir sahen uns nur kurz, wir waren uns ja fremd seit meiner Geburt - dann ging meine Mutter in den "Westen".
Anfangs kam ich mit der DDR und ihren soz. Verhältnissen ganz gut zurecht, beendete eine Lehre und konnte dann ein eigenes Zimmer als Untermieterin erhalten. Es war aber schwierig, dies zu möblieren, denn Möbel waren knapp - und meine finanziellen Mittel auch...
Dann lernte ich meinen Klaus kennen und lieben. Wir heirateten und bekamen eine kleine Tochter.
Doch es begannen die Schwierigkeiten in der DDR - die Wohnungssuche, die Schikanen auf der Arbeitsstelle, jede offene Meinungsäußerung wurde mit Repressalien unterdrückt. Als im Betrieb meines Mannes die Ofensetzer fürs gleiche Geld in kürzerer Zeit immer mehr Öfen setzen sollten, kam es zu einer "Aussprache" im Betrieb - und in der Folge dieser "Aussprache" zur Verhaftung durch die Stasi.
Man machte uns das Leben zur Hölle. Mir ging es außerdem gesundheitlich nicht gut und die gesundheitliche "Betreuung" ließ sehr zu wünschen übrig.
Nach ersten kurzzeitigen Verhaftungen und "Befragungen" meines Gatten Klaus durch Mitarbeiter des MfS erkannten wir, dass es für uns und für die Zukunft unserer Tochter es nur eins gab: Eine Antragstellung auf "ständige Ausreise" und Entlassung aus der Staatsbürgerschaft. Wir wollten nur noch raus...
Wir ließen uns von Schikanen, Repressalien, Drohungen und Zersetzungen - welche nun massiv folgten... - nicht entmutigen. Immer wieder stellten wir bei den DDR-Behörden unsere Anträge auf "Ausreise" erneut - jahrelang.
Im täglichen Leben ging es uns schlecht - keine Arbeit mehr und auch kein Geld. Unsere Wohnung war täglich von Stasi-Spitzeln belagert. Es gab öfter Verhaftungen und Verhöre. Es wurde Immer schlimmer... Die Namen der beteiligten Genossen kann man alle in meinem Buch nachlesen...
Am allerschlimmsten waren die Spritzen und Tabletten, die uns vor den Verhören ein Stasi-Arzt verabreichte - man wurde willenlos, ich wollte mir sogar das Leben nehmen...
Nach meiner Inhaftierung war der Kontakt zu Mann und Tochter abgebrochen - ich wusste von nichts mehr...
 
Und die Bandagen wurden noch härter: Man wies mich in eine "psychiatrische Klinik" ein, denn wer so oft Ausreiseanträge stellt, wurde als nicht normal eingestuft.
In der Zwangseinweisung des Amtsarztes hieß es dazu u.a.: "Aufgrund ihrer seit Wochen auffälligen Verhaltensweise ergab sich der Verdacht auf das Vorliegen einer seelischen Störung" und weiter: "Wer den sozialistischen Staat DDR verlassen will, kann nicht normal sein."
Aber niemals gaben wir aber trotz aller Demütigungen und Inhaftierungen die Hoffnung auf. Wir hatten Freunde im "Westen" und in der Schweiz, die uns nach Kräften halfen und unseren Willen auf Ausreise publik machten. Sie schickten uns über Umwege Lebensmittelpakete, die kamen vor allem aus Bayern und Baden-Württemberg.
Ohne diese Hilfe hätten wir Hunger leiden müssen - denn wir hatten nichts mehr...
 
Nach 8 Jahren verzweifelten, Kraft zehrenden Kampf mit der Stasi und dem Regime ergebenen Mitarbeitern von DDR-Behörden, die gezeichnet waren von Schikane, Quälerei und Misshandlungen, erhielten wir die "Ausreisegenehmigung" Ende Januar 1981.
Dann musste auf einmal alles sehr schnell gehen bezügliche unseres Grenzübertrittes...
In Hannover wurden wir herzlich von unseren Freunden und Helfern empfangen und geehrt. Die nächste Station war dann das Notaufnahmelager in Gießen. Leider konnten wir unseren Wohnsitz nicht im geliebten Bayern nehmen - die Aufnahme"-"Quote" war offensichtlich erreicht - und wir hatten in Bayern keine "leiblichen Verwandten" vorzuweisen. Schade, gerade für uns hätten die Bundesbeamten menschlicher entscheiden können - und nicht nur nach Paragrafen.
Wir wurden nach Niedersachsen weitergeleitet - wo wir noch heute leben. Vor einiger Zeit sind wir allerdings umgezogen. Nach 24 Jahren hielten wir es in unserem bisherigen Wohngebiet nicht mehr aus. Man beschimpfte uns dort immer wieder als "Ossis" - und dass ohne von der DDR und ihren Schergen irgendwas zu wissen...
Außerdem bezog ein älteres, ehemaliges "Stasi-Ehepaar" ein paar Häuser weiter eine Wohnung - vielleicht um sich jetzt unkompliziert beim ehemaligen "Klassenfeind" zu etablieren - oder um sich "abzusetzen"...?
Auf jeden Fall, um ihre hohe Rente für ihre "Verdienste" zu genießen...!
Mir schießt unweigerlich durch den Kopf: Geht die an der Hochschule des Ministeriums für Staatsicherheit der DDR in Potsdam-Eiche gelehrte "Zersetzung" gegen "Andersdenkende" weiter ? Im Rechtsstaat ?